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ZOO Magazin

Rostocker Zoodirektor: Auf zu neuen Ufern!

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Udo Nagel ist seit 30 Jahren Direktor im Zoo der Hansestadt Rostock und wird Ende Juni 2021 in den Ruhestand gehen. Foto: Zoo Rostock / Danny Gohlke

Ja, echtes Otterwetter!, begrüßt mich Direktor Udo Nagel im Verwaltungsgebäude des Rostocker Zoos in der Rennbahnallee. Gerade wurde die neue Otteranlage offiziell eingeweiht. Was wir nicht so schön finden – Regen und Sturm – finden die possierlichen Tierchen einfach super – erfahre ich taufrisch aus kompetentem Munde. „Wenn man Vater und Sohn so lebensfroh im neuen Zuhause spielen sieht, geht einem das Herz auf“, gesteht Udo Nagel. Das ist der Moment, in dem aller Stress vergessen ist. Denn wieder ist mit der neuen Otteranlage ein Meilenstein, für den sich der Zoodirektor engagiert hat, gesetzt. Er ist sichtlich zufrieden.

Zoodirektor Udo Nagel nimmt Ende Juni seinen Hut

"Immer, wenn ich international unterwegs war, habe ich mit den Augen fotografiert und Ideen aufgefangen, die wir auch im Zoo Rostock realisieren könnten."

Udo Nagel, Direktor Rostocker Zoo

Udo Nagel ist der Rostocker Zoo. Der großgewachsene, stattliche Mann mit dem Rauschebart lebt mit ihm und für ihn. Und das nun schon seit 42 Jahren. 30 davon als Direktor. Das Gesicht ist bekannt – auch über Deutschlands Grenzen hinaus. Daher ist es für viele Menschen – nicht nur für das Zooteam – ein trauriger Moment, wenn Udo Nagel am 30. Juni 2021 seinen Hut nimmt und in den wohlverdienten Ruhestand geht.

Wir sprachen mit ihm über eine bewegte tierische Zeit.

Herr Nagel, erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Arbeitstag im Zoo?

Das ist jetzt 42 Jahre her. Ich hatte Landwirtschaft studiert und ging, um Erfahrungen zu sammeln, in den Rostocker Zoo. Dort arbeitete ich als Tierpfleger. Ich hatte dann die Wahl zwischen Raubtieren und Kamelen. Ganz klar wollte ich zu den Raubtieren. Die haben mich schon immer sehr fasziniert. Bengaltiger Benga hatte damals gerade mit sieben Jungen einen Weltrekord geworfen. Eines von zwei Jungen zog ich damals mit der Hand auf. Das schafft eine sehr enge Bindung zu einem Tier.

Der Zoo trägt ihre Handschrift. Worauf haben sie von Anfang an Wert gelegt?

Der Zoo hat einen Bildungsauftrag. Dem wollte ich immer gerecht werden. Deshalb arbeiten wir auch beispielsweise mit der Universität Rostock oder der Hochschule in Wismar seit vielen Jahren eng zusammen. Die Kombination zwischen Naturkundemuseum und Zoo ist mit dem Darwineum – das in dieser Form einmalig in Europa ist – und dem Polarium sehr gut gelungen. Natürlich lag mir die ständige artgerechte Verbesserung der Tierhaltung auch immer am Herzen.

Was muss ein erfolgreicher Zoodirektor alles können?

Er muss von vielen Dingen Ahnung haben. Von Verwaltung, Finanzwesen, wie ein Aufsichtsrat funktioniert. Er muss wissen, wie eine gGmbH – der Zoo ist ja eine – funktioniert. Er muss sich in der Biologie auskennen, der Gartengestaltung, im Bauwesen, bei technischen Anlagen. Immer, wenn ich international unterwegs war, habe ich mit den Augen fotografiert und Ideen aufgefangen, die wir auch im Zoo Rostock realisieren könnten. Ein Besuch im Rostocker Zoo sollte für Groß und Klein eine Achterbahnfahrt für die grauen Zellen sein. Wir wollen Erkenntnisse auf leicht verständliche Art und Weise vermitteln.

Ein Zoodirektor sollte vor allem auch sehr gut vernetzt sein. Denn große Pläne mit kleinem Geld zu verwirklichen, ist nicht leicht. Da ist die Gewinnung von Sponsoren wichtig und Veranstaltungen wie die Klassik-Nacht im Zoo, deren Erlöse helfen, Projekte wie das Darwineum oder das Polarium zu realisieren.

Unvergessliche Momente?

Es gab so viele! Beispielsweise Umarmungen mit der Elefantendame Sara – da spürt man die ungeheure Kraft des Tieres. Begegnungen mit den Menschenaffen oder den Eisbären – wir haben mit dem über 600 Kilogramm schweren Akiak das schönste Eisbärenmännchen im Rostocker Zoo!

Abschied nimmt man meist mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Wie ist das bei Ihnen?

Ich gehe ohne Nostalgie. Ich übergebe den Rostocker Zoo geordnet und weiß, dass ein tolles Team die Geschäfte weiterführen und sich um die Tiere kümmern wird. Es ist meine eigene Entscheidung, jetzt einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen, in dem ich mich mehr der Familie und meinen sieben Enkelkindern widme. Denn jeder Enkel – von fünf Monaten bis 12 Jahre – ist ein Traum. Ich habe auch noch Pläne für die Zukunft, beispielsweise meine Vorlesungsreihe für Studenten der Uni Rostock im Zoo.

Udo Nagel ohne Tiere im Ruhestand – geht das?

Ich habe schon immer von einem Aquarium geträumt. Das werde ich jetzt umsetzen. Ansonsten habe ich viele Bücher, die noch ungelesen im Schrank stehen, und ich habe Reisepläne mit meiner Frau. Wir vermissen Oper, Ballett und Konzerte.

Innerhalb der Familie werden wir ein Gehöft in Lettland betreiben. Ein befreundeter Professor meinte einmal augenzwinkernd, man solle nicht von einem Hamsterrad in das nächste steigen. Das wollte ich mir zu Herzen nehmen…

Danke für das Interview! Kerstin Rathje-Wesselow