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Mit Energie

Wasserstofftechnologie kann einen bedeutenden Beitrag zur regionalen Wertschöpfung leisten

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International Studierende im Labor des Instituts für Erneuerbare Energien an der Hochschule Stralsund.                    Foto: Steven Pohl/Hochschule Stralsund

Am 27. April von 11 bis 15 Uhr ist zum Tag der erneuerbaren Energie auf dem Alten Markt in Stralsund auch die Hochschule Stralsund vertreten. Wir sprachen mit Prof. Dr. rer. nat. (Physik) Johannes Gulden, Professor für Erneuerbare Energien, und Leiter des Instituts für Regenerative EnergieSysteme an der Hochschule Stralsund.Zu welchen erneuerbaren Energiequellen kann man bei Ihnen studieren?Als erste Hochschule in Deutschland mit einem eigenen Windrad bieten wir Studierenden bei uns einen kompletten Überblick zum Einsatz von Windkraftanlagen, angefangen von den betriebswirtschaftlichen und technischen Grundlagen bis zu Strömungsoptimierungen, Steuerungssystemen und der Netzanschlusstechnik. Eine vertiefte Lehre bieten wir aber genauso für Photovoltaik und Solarthermie-Systeme oder die energetische Nutzung von Biomasse.

Im Gespräch mit Prof. Dr. Reb. Nat. (Physik) Johannes Gulden, Professor für Erneuerbare Energien

Wasserstofftechnologie kann einen bedeutenden Beitrag zur regionalen Wertschöpfung leisten-2
Prof. Dr. rer. nat. (Physik) Johannes Gulden

An welchen Systemen erneuerbarer Energien forschen Sie? Welche Schwerpunkte setzen Sie?

Bei der Stromerzeugung hat mittlerweile das Land Mecklenburg-Vorpommern von allen Bundesländern mit 72 Prozent den höchsten Anteil an erneuerbaren Energien. Der Stromsektor macht jedoch nur rund 20 Prozent der verbrauchten Energie aus, weitere Sektoren sind Wärme und Mobilität. Insbesondere erneuerbare Energien wie Wind- und Solarenergie sind aber abhängig von Tageszeit und Wetter. Die Spitzenzeiten des Verbrauchs, wie bei Licht, Strom und Wärme, treten meist nicht zum Zeitpunkt der Erzeugung auf. Es müssen also leistungsstarke Speichermöglichkeiten gefunden werden, um Energie für alle Bedarfe zu speichern, wenn der Verbrauch gering ist, und die gespeicherte Energie dann zur Verfügung zu stellen, wenn Sonnen- und Windenergie die Spitzenlast nicht abdecken können.

Besonders zunehmen wird der Speicherbedarf, wenn außer der Strom- auch die Wärme- und Mobilitätswende umgesetzt werden sollen. Wenn z.B. für Elektro-Autos, aber auch in der Schifffahrt zusätzlich Strom oder alternative Kraftstoffe wie Wasserstoff benötigt werden. Daher legen wir auch in Forschung und Lehre einen Schwerpunkt auf das Thema Energiespeicherung in allen Formen. Wichtig ist uns dabei ein systemischer Ansatz, um die Sektoren Strom, Wärme und Verkehr effizient zu verbinden. Im Bereich Elektromobilität arbeiten Kollegen an unserer Hochschule beispielsweise an der Entwicklung von Superkondensatoren, also Speichern, die eine hohe Kapazität und Leistungsdichte haben und gleichzeitig leicht genug für den mobilen Antrieb sind. Am Institut für Regenerative EnergieSysteme forschen wir seit sehr vielen Jahren zur Wasserstofftechnologie. Diese umweltschonende und nachhaltige Form der Speichermöglichkeit ist nicht nur für die Fortbewegung im Straßenverkehr geeignet, sondern besonders attraktiv für die Mobilität auf dem Wasser.

Warum ist die Energieform Wasserstoff für MV so interessant?

Zum einen ist in Bezug auf Umweltfreundlichkeit Wasserstoff die Zukunftstechnologie, da als Emissionsprodukt nur Wasserdampf abgegeben wird. Gerade in der maritimen Wirtschaft werden dringend neue, umweltschonende Antriebsformen benötigt. Zum anderen kann die Wasserstofftechnologie einen Beitrag zur Wertschöpfung leisten. Industrie siedelt sich dort an, wo Infrastrukturen in Form von Energieerzeugungsanlagen sowie Abnehmer, Know-how und Netzwerke vorhanden sind. Wir haben das Potenzial, aus grünem Strom Wasserstoff zu erzeugen, der bundesweit aber vor allem auch regional – z.B. in der Schifffahrt, in Flotten von ÖPNV-Betrieben u.a. – verwendet werden kann. Dieses Potenzial sollten wir nutzen. An der Hochschule Stralsund sind wir aufgrund unserer 25-jährigen Erfahrung auf diesem Gebiet hervorragend vernetzt und gestalten die Technologieentwicklung mit. Ersichtlich ist dies u.a. am Hybridkraftwerk der ENERTRAG AG mit Wasserstoff-Speicherkreis sowie am weltbesten Wasserstoff-Leichtrennwagen (ThaiGer), der an unserer Hochschule entwickelt wurde.

Wir speisen mit Solaranlagen und Windkraft unglaublich viel Naturstrom in die Netze ein, zahlen jedoch nach Dänemark trotzdem die höchsten Strompreise weltweit und mit SchleswigHolstein zusammen die höchsten Strompreise in Deutschland. Was sind die Ursachen dafür?

Nach der Wiedervereinigung mussten die Stromnetze in den neuen Bundesländern zunächst umfassend ertüchtigt werden. Diese Kosten für den Ausbau neuer Leitungen, Instandhaltung und den Ausgleich schwankender Stromeinspeisung werden nach wie vor auf die Verbraucher umgelegt. In den dünner besiedelten Gebieten wie M-V verteilen sich die Kosten dann ausgerechnet auch noch auf weniger Verbraucher.

Außerdem besteht die Hälfte des Strompreises aus Steuern und Abgaben, wie der EEG-Umlage, mit der der Ausbau erneuerbarer Energien gefördert wird und die sich in den letzten zehn Jahren mehr als verdreifacht hat. Eigentlich sind die Strompreise aus den erneuerbaren Energien viel günstiger als bei anderen Energieformen. Dies kommt beim Verbraucher jedoch nicht an, weil die Stromnetze noch nicht entsprechend ausgebaut sind und regenerativer Strom noch nicht mit einem angebotsabhängigen Preis umfassend genutzt wird. Hier müsste stattdessen noch viel stärker eine direkte Stromnutzung mit integrierten Speichern für alle Energiebedarfe weit über die bisherige BHKW-Technik hinaus gefördert werden. Detlef Duske