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Mit Sicherheit 2018

Unfallforscher setzen auf Drohnen

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Die Rostocker Dekra-Sachverständigen Dirk Hartwig (li.) und Matthias Siegert nehmen eine Unfallanalyse mit einer Drohne vor. Deren Einsatz gehört mittlerweile seit zur Routine. FOTO: DANNY GOHLKE

Materialverschleiß: Teure Schäden durch Wasserlecks

Von Werner Geske    Rostock. Auf einer Landstraße südwestlich von Rostock: Ein aus der Hansestadt kommender Pkw-Fahrer nutzt eine Bus-Parktasche in der 70er-Zone, um zu wenden. Wohl wissend, dass das nicht ungefährlich und auch nicht erlaubt ist. Noch während er versucht, trotz Sperrlinie auf die gegenüberliegende Seite zu gelangen, kommt im schnellen Tempo ein anderes Auto aus Richtung Rostock. Dessen Fahrer versucht noch ausweichen, doch zu spät. Sein Fahrzeug erfasst das wendende Gefährt. Resultat: Ein Crash mit zwei Schwerverletzten und stark beschädigte Pkw.Nachdem Polizei und Rettungswagen am Unfallort eingetroffen sind, klingelt das Telefon bei der Sachverständigenorganisation Dekra im Rostocker Charles-Darwin-Ring. Die Experten der deutschen Prüfgesellschaft agieren nicht nur bundesweit, sondern mittlerweile in mehr als 50 Ländern der Erde.In der Hansestadt hat an diesem Tag Kfz-Sachverständiger Matthias Siegert aus dem Fachbereich Unfallanalytik Bereitschaftsdienst. Er eilt zum Einsatzort. Dort soll Siegert den Unfallhergang ermitteln und dokumentieren.

Wenn es auf der Straße besonders heftig kracht, kommen häufig Experten der Dekra zum Einsatz, um die Ursache des Unglücks zu klären. Dabei nutzen sie zunehmend Luftaufnahmen.

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„Wir werden immer zu Unfällen gerufen, wenn es Tote oder Schwerverletzte gegeben hat, und wenn Kinder und Senioren betroffen sind. Über unseren Einsatz entscheidet aber allein die Staatsanwaltschaft“, erläutert der 46-Jährige.

Wenig später ist er vor Ort. In Abstimmung mit der Polizei beginnt er sofort mit seinen Untersuchungen. Erste Vermutung: Neben dem riskanten Wendemanöver könnte auch überhöhte Geschwindigkeit des zweiten, in den Unfall verwickelten Fahrzeuges zu den schweren Folgen beigetragen haben.

Neben Roller, Bandmaß und Lasermessgerät holt der Dekra-Mann aus dem Kofferraum seines Einsatzfahrzeugs auch eine Drohne. Dieses wendige Fluggerät steht den Unfallanalytikern seit einigen Monaten für ihre Ermittlungen zur Verfügung. Zunächst fotografiert der Fachmann wie gewohnt Fahrzeuge und Spuren, misst Abstände und Beschädigungen.

Dann setzt er entlang der Fahrbahn mit farbigem Kreidespray im Abstand von wenigen Metern Markierungen. Sie sind Orientierungspunkte, mit deren Hilfe die Aufnahmen der kamerabestückten Drohne später am Computer bearbeitet werden können.

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Das Luftbild stammt von einer Drohne: Es hilft bei der Rekonstruktion des Unglücks.                  FOTO: DIRK HARTWIG/DEKRA

Siegert startet die kleine Flugmaschine. Brummend hebt sie ab. Gut 60 Meter über dem Erdboden schwebend, filmt und fotografiert sie jede Bodenerhebung, jeden Graben, jede Unebenheit der Fahrbahn. „Ihre Aufnahmen sind detailreich, sehr genau und in HD-Qualität“, schwärmt der Rostocker. „Da entgeht uns eigentlich nichts. Zum Beispiel lassen sich so die Kurvenverläufe viel exakter erfassen als durch Handvermessung. Genauso können wir Sichtbehinderungen aus der Luft besser darstellen.“

„Auf diese Hilfe aus der Luft setzen meine Kollegen und ich, wenn der Unfallbereich bis zu 200 Meter lang ist oder wenn unübersichtliches Gelände die Untersuchungen erschwert“, erklärt Dirk

Hartwig (46), Fachabteilungsleiter Gutachten der Prüfgesellschaft. Hartwig und Siegert schwören auf ihren fliegenden Mitarbeiter. Nicht nur, weil durch ihn die alte Unfallskizze passé ist: „Detailtreue und Genauigkeit sind hervorragend“, erklärt Siegert. „Die Handvermessungen sind nie so genau wie die von der Drohne gemachten Bilder. Wir erhalten, nachdem wir die einzelnen Aufnahmen entzerrt und zusammengesetzt haben, eine 1:1-Darstellung des Unfallortes.“

Sind die Drohnen-Bilder am Computer eingelesen, können die Dekra-Mitarbeiter den Unfallhergang eindeutig rekonstruieren. Und die Fragen beantworten: Wer war wie schnell? Wie war die Bewegungsrichtung der Fahrzeuge? Gab es Sichtbehinderungen? Hätte der Crash vermieden werden können?

Das sind nur einige Details, die die Unfallanalytiker, zu denen auch Christian Pedde (41) und Björn Seefeldt (42) gehören ausmachen können. Auch bei dem schweren Unfall nahe Rostock müssen die Fachleute feststellen: Zu diesem Zusammenstoß hätte es nicht kommen müssen, wenn sich alle an die Straßenverkehrsordnung gehalten hätten.

Materialverschleiß: Teure Schäden durch Wasserlecks

Undichte und verschlissene Leitungen sind Ursache für Havarien / Experten raten: Bei Abwesenheit Haupthahn abdrehen

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Klempner Tim Ziesmer wechselt einen Flexschlauch unter den Waschbecken.                  FOTO: KATJA BÜLOW

Rostock/Bergen. Wasser ist ein kostbares Nass. Aber wenn es unkontrolliert ins Haus eindringt oder aus den Leitungen sprudelt, dann kann es auch schnell zu einem kostspieligen Nass werden.

Laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft gibt es in Deutschland alle 30 Sekunden einen Leitungswasserschaden, wodurch jährlich Kosten in Höhe von rund 2,3 Millionen Euro entstehen. Schäden, die über Hausratsversicherungen abgedeckt werden, sind dabei noch gar nicht mitgerechnet.

Auch Torsten Matthäus vom Bauherrenschutzbund in Rostock bestätigt: „Das Thema Wasserschäden ist ständig aktuell, es macht 20 bis 30 Prozent meiner Arbeit aus.“

Immerhin: Hausbesitzer in Mecklenburg-Vorpommern sind laut Statistik der Versicherer zumindest derzeit noch nicht ganz so stark betroffen wie ihre Leidensgenossen im Westen der Bundesrepublik. Der Grund dafür: In den östlichen Bundesländern wurden viele Gebäude nach der Wiedervereinigung komplett saniert, die Leitungssysteme seien ganz einfach deutlich jünger als beispielsweise in Köln, Deutschlands Hauptstadt der Wasserrohrbrüche.

Martin Ratzke allerdings, Landesinnungsmeister des hiesigen Fachverbandes Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, ist sich sicher, dass dieser Bonus allmählich auch nicht mehr gilt. „Die Wende ist inzwischen schon 30 Jahre her, da ist es ganz normal, wenn das Material allmählich verschleißt. Schließlich reden wir von Warmwasserleitungen, die Temperaturen von bis zu 60 Grad Celsius standhalten müssen.“ Matthäus ergänzt: „In meinem eigenen Haus habe ich ein Kunststoffverbundrohr eingebaut, das ist an der Dehnungsstelle, also dort, wo es gebogen war, schon im zwölften Jahr kaputtgegangen. Es hat ständig ein bisschen getropft, aber zum Glück ist uns das früh genug aufgefallen. Und die Stelle war leicht zu finden.“

Seine Erfahrung: Vor allem Schäden, die nicht gleich entdeckt werden, können richtig teuer werden. „Gerade im Estrich-Bereich, also auf dem Untergrund für Fußbodenbeläge, bildet sich gerne Schimmel. Den sieht man nicht gleich – aber irgendwann, wenn es eigentlich viel zu spät ist, riecht man ihn.“

Schäden, die durch Leckagen verschiedenster Art entstehen, bringen Hausbesitzer immer wieder zur Verzweiflung. Ratzke kommentiert lakonisch: „Wir bauen heute Häuser, in denen es – Gott sei Dank – viele Zapfstellen für Wasser gibt. Wir legen aber die Leitungen oft in den Fußboden oder hinter Wände, damit man sie nicht sieht.“

Zwar gäbe es mittlerweile gute Methoden, um Schäden zu orten. Trotzdem sei es völlig klar, dass Handwerker bei Problemen oft sehr viel zerstören müssen, um an die betroffenen Stellen ranzukommen. Auch er als Experte habe schon reichlich Ärger mit Wasserrohrbrüchen gehabt – und vor zwei Jahren kurzerhand das gesamte Rohrleitungssystem in seinem Haus erneuert. „Einen Teil der Wasserleitungen haben wir dabei wieder sichtbar gestaltet und offen unter der Kellerdecke verlegt.“ Weil die Familie sich trotzdem im Urlaub und bei längerer Abwesenheit unsicher fühlte, installierte er zusätzlich einen Wasser-Safe, eine Leckageschutzarmatur, die regelmäßig bestimmte Parameter in den Leitungen abfragt.

Ist ein Wasserhahn mal nicht geschlossen oder läuft ein Spülkasten im Dauerbetrieb, dann wird die gesamte Hausanlage geschlossen. Ratzke: „Auf die Weise hat man die Sicherheit, dass nur eine kleine Wassermenge ins Haus laufen kann.“ Zusätzlich empfiehlt er: „Wer verreist, der sollte, wie die Alten früher schon, den Hauptwasserhahn abdrehen. Das ist heute fast in Vergessenheit geraten.“

Matthäus berät für den Bauherrenschutzbund jene, die sich ein neues Haus bauen oder ein altes kaufen wollen. Er bietet baubegleitende Qualitätskontrolle an, hält Vorträge. Den Hausbesitzern rät er zu regelmäßigen Hausinspektionen und Vorsorgechecks. Katja Bülow

Polizei: Fälle von Fahrerflucht nehmen zu

Tätern drohen bis zu drei Jahre Haft

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Diese Pkw sind nicht mehr fahrbereit. Oft fahren Beteiligte aber weiter.                                FOTO: D. REINHARDT/DPA

Rostock. Eine kleine Schramme? Ach was, da ist ja fast nichts zu sehen! Immer mehr Autofahrer machen sich einfach aus dem Staub, wenn sie beispielsweise beim Ausparken einen anderen Pkw beschädigt haben. Armin Engelhardt, Leiter der Verkehrsermittlung in der Rostocker Polizeiinspektion, spricht in Sachen Fahrerflucht von einem Anstieg um 13 Prozent allein innerhalb des vergangenen Jahres in seinem Zuständigkeitsbereich.

Kollisionen mit anderen Fahrzeugen, mit Verkehrsschildern, Pfählen oder Häusern . . . die Liste der nicht gemeldeten Beschädigungen ist lang. Auch der Einkaufswagen, der beim Auspacken ins Rollen gerät und dabei gegen das Nachbarauto stößt, gehört immer wieder dazu. Wobei der Polizeihauptkommissar klarstellt: „Es handelt sich bei all dem nicht um Kavaliersdelikte. Wer sich unerlaubt vom Unfallort entfernt, der begeht eine Straftat nach Paragraf 142 des Strafgesetzbuches, die je nach Schadenshöhe mit einer Geldstrafe und bis zu drei Jahren Haft geahndet werden kann.“

Ab etwa 1300 Euro Schaden zieht die Staatsanwaltschaft üblicherweise den Führerschein ein. Und Engelhardt verdeutlicht: „Das ist eine Summe, die heute schneller erreicht ist, als man glaubt.“ Schon ein abgefahrener Außenspiegel – lackiert, elektrisch verstellbar, womöglich beheizt – koste schon mal um die 1500 Euro, die Arbeitsleistung der Werkstatt noch nicht eingerechnet.

Was also tun, wenn es beim Ausparken knirscht oder kracht?

Noch immer hält sich hartnäckig das Gerücht, es genüge in diesem Fall, einen Zettel mit den eigenen Kontaktdaten unter einen Scheibenwischer des geschädigten Autos zu klemmen. Der Verkehrsermittler ärgert sich: „Das wird immer wieder in irgendwelchen Modezeitschriften verbreitet, ist aber Unsinn.“

Viel zu leicht könne ein solcher Zettel vom Winde verweht oder durch Regen unleserlich werden. Ein Oberlandesgericht habe darum entschieden, dass es zumutbar sei, mindestens 30 Minuten auf den Besitzer des Pkw zu warten. Kehrt er auch dann noch nicht zu seinem Wagen zurück, bleibt nur noch die Möglichkeit, den Unfall innerhalb von 24 Stunden direkt bei der Polizei zu melden.

Engelhardt beruhigt: „Viele haben Angst, dass sie wegen solcher Zusammenstöße gleich von ihrer Versicherung hochgestuft werden. Tatsächlich aber sind in vielen Verträgen sogenannte Rabattretter vorgesehen. Das heißt, dass bei nur einem selbst verschuldeten Unfall im Jahr noch gar nichts passiert.“

Die Fahrerflucht-Zahlen sind indes alarmierend: 1425 Fälle registrierte allein die Rostocker Polizeiinspektion bereits am 1. Oktober für das Jahr 2018. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es nur 1246 Fälle, also 13 Prozent weniger. Gesunken ist dagegen die Aufklärungsquote – und zwar von 65,5 auf nur noch 57,7 Prozent. Katja Bülow