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Joboffensive - 5. Juni 2019

„Traut euch! Wir fördern Frauen in technischen Berufen“

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Ute Römer ist Vorstandsmitglied der Stadtwerke Rostock. FOTO: FRANK BURGER

Die Schule hilft bei der Berufswahl

Von Frank Burger  Eigentlich wollte ich ja Ärztin werden. Oder Apothekerin“, sagt Ute Römer. Aber ihre Eltern waren beide Elektro-Ingenieure und da war es nur logisch, dass die Frage kam: „Willst Du was mit Technik machen?“ Für das jetzige Vorstandsmitglied der Stadtwerke Rostock zurückblickend keine ungewöhnliche Frage an ein junges Mädchen in der DDR. Die 1959 in Frankenberg bei Karl-Marx-Stadt geborene Ute lebt seit 1967 in Rostock und genoss eine typische DDR-Schulbildung einschließlich eines „Unterrichtstages in der Produktion (UTP)“. Schüler der Oberstufe – neunte und zehnte Klasse – verbrachten alle 14 Tage einen Tag in einem Partnerbetrieb, um dort die Arbeitsbedingungen kennen zu lernen. „Ich hatte dort eine gute Lehrerin, die mich für den Bereich Technik begeisterte“, erinnert sich Ute Römer. Erste Schritte als BMSR-TechnikerinJa, Ute wollte etwas mit Technik machen und bewarb sich für eine der zwei Ausbildungsstellen in der BMSR-Technik (Betriebsmess-, Steuerungs- und Regelungstechnik) in Rostock-Bramow, die ausschließlich für Mädchen frei gehalten wurden. „Das war mein Einstieg in eine Männerdomäne. Unter den 25 Schülern waren fünf Mädchen.“ Nach der Ausbildung fing sie in der BMSR-Abteilung des Jugendkraftwerks Rostock-Schmarl an. „Mir war schnell klar, dass ich das nicht mein ganzes Leben machen möchte“, versichert die 59-Jährige. Sie konnte eine Delegierung für ein Fernstudium in Senftenberg bekommen und kniete sich in die „Automatisierung der Verfahrenstechnik“ rein. Neben der Arbeit nun also Fernstudium von 1982 bis 1987. Bereits 1981 hatte sie ihren Mann geheiratet, den sie in der Ausbildungszeit kennen gelernt hatte. 1982, mitten in dieser Doppelbelastung, wurde ihr Sohn geboren.Schwere Zeit, aber für DDR-Frauen nicht ungewöhnlichIhr Mann war Direkt-Student in Senftenberg. Kann das gut gehen? „Ich habe nach 20 Wochen weitergemacht. Meine Familie half mir. Die Oma stand mir zur Seite. Und auch die Krippe war eine Hilfe“, berichtet Ute Römer aus dieser Zeit, die für DDR-Frauen schwer, aber nicht ungewöhnlich war. „So etwas konnte nur mit der sozialen Sicherheit, die wir damals hatten, gut gehen. Jede Generation wächst eben anders auf“, erklärt sie. Doch als sie mit dem Studium fertig war, konnte ihr Betrieb ihr keine adäquate Stelle anbieten. Zeit für das zweite Kind. 1988 wurde ihre Tochter geboren. Der zweite Startversuch begann mit einer Anstellung in der Kombinatsleitung. Ute Römer war verantwortlich für das betriebliche Messwesen und teilte sich ein Büro mit zwei gestandenen Männern. „Das war eine gute Zeit“, sagt sie jetzt.Mit der Wende werden die Würfel neu geworfen. Sie wurde gefragt, ob sie denn eine Meisterklasse in Mathe und Physik und Elektrotechnik unterrichten würde? Gleichaltrige Männer! „Damals war der Respekt zwischen Männern und Frauen ein anderer. Außerdem wollten die Männer ihre Meisterausbildung fertig haben. Alles war ja damals ungewiss“, berichtet Ute Römer. Also unterrichtete sie zwei Jahre lang jeweils freitags und sonnabends. Ihr Mann hat das akzeptiert, Familie und Freunde halfen. Viele Faktoren haben gestimmt, so dass solche berufliche Mammutaufgaben bewältigt werden konnten. Und die 90er- Jahre waren so eine Zeit. Das Energiekombinat Nord wurde 1990 aufgelöst, Stadtwerke gegründet. Auch Ute Römer wollte ihren Platz finden und ging als Abteilungsleiterin in die Gasversorgung. Von 1994 bis 1996 hatte sie einen großen Anteil an der Umstellung von Erdgas auf Stadtgas in der Region Rostock. Damals knüpfte sie wichtige Verbindungen zu den Wohnungsunternehmen. Ute Römer empfahl sich so für höhere Aufgaben und übernahm im Betrieb den Bereich Investitionen. „Eigentlich wollte ich ja Marketing machen, aber man schubste mich sanft in Richtung Investitionen. Hans Apel, damals Hauptabteilungsleiter Gas, hat mir bei dieser Entscheidung sehr geholfen. Man braucht eben auch gute Partner an seiner Seite“, beschreibt Ute Römer die damalige Situation.Also ab 1998 Investitionen. In die 90er-Jahre fällt auch der erste berufliche Kontakt mit männlichen West- Kollegen, die es schon ungewöhnlich fanden, dass eine Frau mit am Tisch saß. „Kannst mal Kaffee holen?“ Die Sprüche wurden weniger. Die Frauen wurden zwar ausgetestet, doch, so Römer, wenn man nicht verkrampft damit umgehe, dann mache es auch selbst Spaß. „In meiner gesamten beruflichen Laufbahn hatte ich nie die Karriere an sich im Blick. Wichtig für mich war, mich einer Aufgabe zu stellen“, sagt die Vorstandsvorsitzende auf ihren beruflichen Werdegang blickend.„Spaß an strategischen Aufgaben“Solch eine Aufgabe kam auch im Jahr 2000 auf sie und ihre Kollegen zu: die Liberalisierung des Energie- Marktes. „Wie gehen wir damit um?“, fragte man sich in der Elektrobranche. Nachdem der Leiter der Liberalisierungs-Projektgruppe erkrankte, übernahm Ute Römer die Leitung des Teams in Rostock. In dieser Zeit wurde der Abnehmer zum Kunden und der Vertrieb gegründet. Natürlich übernahm Ute Römer gleich den Job der Vertriebsleitung. „Solche strategischen Aufgaben machen mir Spaß“, bestätigt sie. Und nachdem der Vertrieb 2003 aufgebaut war, bewarb sie sich um die vakante Position des Bereichsleiters Unternehmensentwicklung.Zehn Jahre lang füllte sie diese Position aus. Dann war der richtige Zeitpunkt gekommen, um sich um einen Vorstandsposten zu bewerben. Unter 80 Bewerbern setzte sie sich durch. Ihr Insider-Wissen war ihr Pfund. „Jetzt bin ich Vorstand“, lächelt sie selbstbewusst. Es gehe ihr gut damit. Die Arbeit mache Freude. Sie hat mit Vertrieb, IT, Personal, Recht, Kommunikation und Technischer Dienstleistung zu tun. Perfekt.Ute Römer reflektiert auch, welche Arbeit sie und ihre Mitstreiter geleistet haben. „Wir waren die Gründergeneration nach der Wende. Wir haben das gemeinsam durchgezogen“, sagt sie: „Die Belegschaft wird sich in den kommenden Jahren austauschen“, fügt sie hinzu. Es wird eine neue gesellschaftliche Entwicklung einsetzen. Das traditionelle Rollenbild der Geschlechter wird wieder mehr Fuß fassen. Allerdings, und auch das gibt sie zu bedenken, es gebe ja auch immer mehr Männer, die in die Elternzeit gehen würden. Und: In ihrem Vorstand sei die Quote mit 50 Prozent Frauenanteil übererfüllt! „Wir haben schon viele weibliche Leuchttürme. Der Nachwuchs wird seinen Weg gehen. Wir können nur sagen, dass wir Frauen in technischen Berufen fördern. Traut euch!“Ute Römer schaut auf die Uhr. Der nächste Termin wartet. Wieder lächelt sie. Es ist ein selbstbewusstes, in sich ruhendes Lächeln einer Frau, die ihren Weg durch eigene Leistung und durch die Hilfe vieler an ihrer Seite gegangen ist. Beispielgebend für die Frauen ihrer Generation und Ansporn für die nächste. „Es gibt Hoffnung“, sagt Ute Römer noch im Gehen.

Ute Römer gehört zur Gründergeneration nach der Wende und ist heute Vorstandsmitglied der Stadtwerke Rostock

Ausbildungsberufe bei den Stadtwerken Rostock

Für Organisationstalente:
Angeboten werden aktuell zwei Ausbildungen zu Industriekaufleuten und Kaufleuten für Büromanagement.

Du interessierst dich für betriebswirtschaftliche Abläufe, arbeitest gerne mit Teams in Projekten und hast Spaß am Umgang mit verschiedenen Menschen? Dann bist du hier genau richtig und später von der Materialbeschaffung über die Kostenrechnung bis hin zum Personalwesen oder Marketing in vielen Bereichen tätig.

Technische Ausbildungen:
Elektroniker/in für Betriebstechnik, Anlagenmechaniker/ in für Versorgungstechnik, Mechatroniker/ in.

Du begeisterst dich für Elektronik und hast technisches Verständnis? Du hast Spaß an der Arbeit mit elektrischen Systemen? Du hast handwerkliches Geschick, punktest mit technischem Verständnis und setzt gerne defekte Dinge wieder instand? Du hast Interesse an Technik und gleichzeitig Spaß am Umgang mit Informatik?Dann bist du hier genau richtig.

Versorgungs-Ausbildung:
Koch/Köchin für die Mitarbeiterversorgung.

Die Schule hilft bei der Berufswahl

„Traut euch! Wir fördern Frauen in technischen Berufen“-2
Tom Langenau (17) schaut sich auf dem Rechner einige Berufsbilder an, Lehrer Torsten Redersborg empfiehlt die Plattform „Berufe-Universum“. 
FOTO: DIRK HOFFMANN

Dassow. Früh stand für Celina Stöffesandt fest, dass sie einmal im medizinischen Bereich arbeiten möchte. Umso mehr freut sich die 17-jährige Dassowerin, dass sie nach dem Abschluss der 10. Klasse zum 1. August an der Uni- Klinik in Lübeck eine dreijährige Lehre zur Gesundheits-Kinderkrankenpflegerin beginnen kann.

Auch Tom Langenau (17) hat seinen Ausbildungsplatz in der Tasche. Nach der Schulzeit wird er eine dreieinhalbjährige Lehre zum Kfz-Mechatroniker beginnen. Sein Ausbildungsbetrieb ist ein Autohaus in Grevesmühlen. Dass es einmal dieses Berufsziel sein würde, hätte Tom vor einigen Jahren wohl selbst noch nicht gedacht. Denn zuerst wollte er Fluglotse werden, dann vielleicht bei der Polizei oder auch in der Berufsfeuerwehr arbeiten. Doch zwei Praktika bei Mercedes und eines in der Autowerkstatt Lau in Schönberg haben bei Tom das Interesse am Mechatronikerberuf geweckt.

Noch keine Rückmeldung, ob sie eine Lehrstelle als Tierpflegerin bekommt, hat dagegen Julia Wiszinewska (16). Die Arbeit im Erlebnis- und Tigerpark Dassow, wo sie ein Praktikum absolvierte, gefiel ihr sehr. So wurde bei ihr der Wunsch nach einem Beruf mit Tieren geweckt.

Berufsorientierung schon ab Klasse sieben

Hilfe und Unterstützung bei der Berufsfindung haben Celina, Tom und Julia sowie die anderen 26 Schülerinnen und Schüler der 10. Klasse der Regionalen Schule Dassow auch von den Lehrern bekommen. Ihnen ist ebenfalls daran gelegen, dass die jungen Menschen gleich nach der Schulzeit eine Lehre beginnen. An der Regionalen Schule in Dassow beginnt die Berufsorientierung nach Aussage von Lehrer Torsten Redersborg bereits ab der 7. Klasse. Vor allem im AWT (Arbeit, Wirtschaft und Technik)- Unterricht erhalten die Schülerinnen und Schüler schon dann eine Reihe an Informationen. Das setzt sich in den folgenden Jahren fort und wird noch erweitert. In der 9. Klasse ist dann von zwei Wochenstunden AWT eine ausschließlich nur für die Berufsorientierung gedacht. In mehreren Programmen wie „Berufe-Universum“ oder im Internet auf www.planet-beruf.de können die Mädchen und Jungen mehr über Ausbildungsmöglichkeiten und Berufsbilder erfahren.

Damit die Jugendlichen frühzeitig Erfahrungen sammeln, welcher Beruf ihnen liegen könnte, sind sie in der 8. Klasse zwei Wochen im Berufsbildungszentrum in Wismar. Drei Tage davon probieren sie sich schon in einigen Berufsrichtungen aus. Darüber hinaus finden zur weiteren Orientierung Praktika – in Klassenstufe neun zwei Wochen und in Klassenstufe zehn eine Woche – statt.

Viele lassen sich bis zuletzt Zeit

Trotz aller Angebote und Aktivitäten seitens der Schule: Die Jugendlichen lassen sich mit der Suche nach einem Ausbildungsplatz dennoch oft bis zuletzt Zeit, wie Redersborg berichtet. Bis Mitte Mai hatten 17 der 29 Schülerinnen und Schüler der diesjährigen 10. Klasse einen Ausbildungsplatz. Zwölf waren noch auf der Suche oder warteten auf eine Antwort auf ihre Bewerbung.