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„Profis knacken jedes Schloss“

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Michael Reitz (51) vom ADFC Rostock sichert sein mehr als 2000 Euro teures Lastenrad unter anderem mit einem speziellen Faltschloss, das rund 100 Euro kostet. FOTOS: (2): DIETMAR LILIENTHAL

Polizei warnt: Langfinger besonders scharf auf E-Bikes

Von Katja Bülow Rostock. Michael Reitz kennt sich aus: Der Vorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs Rostock weiß, welche Schlösser etwas taugen. Er weiß, wie man ein Zweirad am besten sichert – und doch sind ihm im Laufe der Jahre schon vier Räder gestohlen worden.Zur Zeit probiert er eine neue Methode aus: „insect“ – ein kleines, von einem Unternehmen in der Hansestadt entwickeltes Gerät, das bei Diebstahl lautstark Alarm schlägt. Stellt der Besitzer sein Rad ab, aktiviert er über sein Smartphone den Sicherungsmodus. Macht sich dann irgendjemand am Rad zu schaffen, löst er einen deutlich sicht- und hörbaren Alarm aus. Gelingt der Diebstahl trotzdem, wird „insect“ automatisch zum Peilsender. Und schließlich steckt hinter all dem auch noch ein Netzwerk, eine ganze Gemeinde von Fahrradjägern, die mithilft, gestohlene Räder wiederzufinden.Für Reitz liegt der Vorteil des Gerätes vor allem in der Abschreckung. Infrage komme es derzeit wohl eher für eine junge Zielgruppe, für die das Smartphone zum Alltag gehört. Er vermutet: „Ist das Rad erstmal weg, funktioniert die Community vielleicht in großen Städten, aber bestimmt nicht irgendwo auf dem Lande. Denn es kommt ja darauf an, wie groß die Gemeinde der Fahrradjäger in meinem Umfeld ist.“

Trotz mehrerer Sicherungen wurde Michael Reitz vom Fahrradclub ADFC schon viermal Opfer von Raddieben.

Michael Reitz hat erst einmal sein Lastenrad mit einem „insect“ ausgestattet und ist gespannt, ob das Prinzip funktioniert. Grundsätzlich rät er: Fahrräder immer mit einem, besser mit zwei guten Schlössern sichern. Ein Schloss gehöre ans Hinterrad und müsse mit einem festen Gegenstand verbunden werden. Das zweite bringt er am Vorderrad an. Wobei ihm klar ist: „Profis knacken jedes Schloss. Aber je länger sie dafür brauchen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich eine leichtere Beute suchen.“

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Some dPer Smartphone wird das „insect“-System aktiviert.ecription

Auch Fahrradcodierungen hält Reitz für ein gutes Hilfsmittel. An jedem zweiten Dienstag im Monat, von 17.15 bis 18.45 Uhr, bietet zum Beispiel der Rostocker ADFC vor seinem Büro in der Ökovilla in der Herrmannstraße die Chance dazu. Allerdings bedauert der Vorsitzende des Vereins: „Wir haben bisher nur ein herkömmliches Gerät – und das funktioniert nicht bei E-Bikes und anderen Rädern mit sehr dickem Rahmen.“

Das Codierverfahren ist relativ simpel, erklärt Reitz. Dabei kommen eine Gravurmaschine oder einspezieller Aufkleber zum Einsatz. Sie kennzeichnen den Rahmen des Fahrrades auf individuelle und damit wiedererkennbare Weise durch einen verschlüsselten personenbezogenen Code. Dieser besteht aus einer individuellen Ziffern- und Buchstabenkombination. Der Eigentümer ist dadurch sofort auszumachen – im Gegensatz zu Nummern, die der Hersteller auf den Fahrradrahmen prägt. Diese sind oft unsystematisch. Es passieren Dopplungen, sie werden nicht zentral archiviert. Die meisten Räder bleiben trotz der Nummern verschollen.

Der Fachmann empfiehlt, Fahrräder gut zu versichern – und dabei nicht nur die Preise exakt zu vergleichen, sondern auch genau auf das Kleingedruckte im Vertrag zu achten. „Darin befinden sich manchmal Klauseln, wonach ein Rad nur versichert ist, wenn es im verschlossenen Keller untergebracht wurde. Oder es darf draußen nur bis 20 Uhr abgestellt werden – was völlig unrealistisch ist.“

Diebe sind in größeren Städten sehr aktiv

Landesweit sind in Mecklenburg- Vorpommern im vergangenen Jahr rund 5570 Räder gestohlen worden. Zum Vergleich: Im Jahr 2014 waren es noch mehr als 7000 Besonders aktiv sind die Diebe dabei im Bereich Vorpommern-Greifswald und in Rostock – der größten Stadt des Landes, im Landkreis Vorpommern-Rügen und in Schwerin.

90 Prozent aller Straftaten bleiben im Schnitt unaufgeklärt.

Polizei warnt: Langfinger besonders scharf auf E-Bikes

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Nicht selten: Fahrradklau mit dem Bolzenschneider. FOTO: FRISO GENTSCH/DPA

Rostock. Hunderte Fahrräder werden alleine in Rostock jedes Jahr gestohlen. Mitte Oktober 2018 verbuchte die Polizei 13 Diebstähle an einem einzigen Tag – direkt auf der Straße, aus Kellern und von Hinterhöfen. Zwar spricht Sebastian Schütt, Leiter des Kriminalkommissariats, davon, dass die Zahl der gestohlenen Zweiräder insgesamt spürbar zurückgeht und dass die Hansestadt in diesem Jahr wohl erstmals unter die 1000er-Grenze kommen wird. Zugleich aber rücken vor allem teure E-Bikes immer sstärker ins Blickfeld der Diebe. Diese Modelle machen bereits ein Fünftel der gestohlenen Räder aus.

Was Fahrradbesitzer tun können, um nicht zum Opfer zu werden? Schütt betont: „Vor allem sollten sie ihre Räder beim ADFC oder beim TÜV codieren und registrieren lassen.“ Auch sei es hilfreich, den eigenen Drahtesel so individuell wie möglich zu gestalten. Erst dann könne die Polizei das Diebesgut mit einer gewissen Aussicht auf Erfolg zur Fahndung ausschreiben.

Zwei der 70 Ermittler im Kriminalkommissariat seien ausschließlich für die Aufklärung von Fahrraddiebstählen zuständig. Ihre Erfolgsquote liege um die zehn Prozent, je nachdem, ob es gerade gelungen ist, einen Seriendiebstahl aufzuklären oder nicht. Schütt: „Ab und an haben wir durchreisende Täter, die mit dem Kleintransporter aus Skandinavien kommen und weiter nach Osteuropa fahren. Die meisten Verbrecher aber sind Einzeltäter aus der Region.“

Sie zu erwischen sei schwierig, es sei denn, sie bieten ihre Beute kurz nach der Tat online zum Kauf an. Auch dann können die Beamten nur aktiv werden, wenn die Eigentümer bei ihren Anzeigen genaue Angaben zu den Rädern machen können – was allzu oft nicht der Fall sei.

Eine Hilfe für alle, denen es zu mühselig ist, einen Fahrradpass auszufüllen: Die Fahrradpass-App der Polizei. In ihr werden Informationen, wie Rahmennummer, Hersteller, Modell und Codierung, erfasst und auch ein Foto gespeichert. Auf diese Weise sind alle Informationen im Falle eines Diebstahls immer sofort zur Stelle, so dass die Ermittlungen beginnen können.

Info www.polizei-beratung.de 

Autoklau ganz ohne Schlüssel

München. Autodiebe haben es zunehmend auf Fahrzeuge mit einem bestimmten Schließmechanismus abgesehen – dem sogenannten „Keyless-Go“-System. Damit können Autobesitzer ihren Wagen entriegeln und starten, ohne den Schlüssel in die Hand zu nehmen. „Dieses System hat sich zu einem Einfallstor für Kriminelle entwickelt“, sagt Fabian Puchelt vom bayerischen Landeskriminalamt in München.

„Wir merken, dass hochpreisige Fahrzeuge in den Fokus rücken“, so Puchelt. Ein Grund dafür ist, dass sich der Aufwand, also der Diebstahl selbst und der Weiterverkauf etwa in osteuropäischen Ländern, bei günstigeren Fahrzeugen aus Sicht der Diebe nicht lohnt. Und: Moderne Techniken wie das „Keyless Go“-System ermöglichten es ihnen, ohne großes Risiko, also etwa ohne lautstark eine Scheibe einschlagen zu müssen, Zugang zum Fahrzeug zu bekommen.

Bei dieser Technik erkennt das Fahrzeug den Schlüssel, wenn er sich in unmittelbarer Nähe befindet – auch in der Hosentasche des Fahrers. Die Tür lässt sich dann öffnen und der Motor mit dem Startknopf anlassen. Kriminelle tricksen den Schlüssel mit selbstgebauten Sendern und Empfängern aus, indem sie die Reichweite des Funksignals verlängern.

Wird ein Autoschlüssel etwa direkt hinter der Wohnungstür abgelegt, kann laut Autoclub ADAC einer der Diebe sein Funksignal abfangen und zum Empfänger des Komplizen weiterleiten, der in der Nähe des Wagens wartet. Den Schlüssel in Alufolie zu wickeln, kann schützen. „Aber das kann doch nicht die Lösung sein“, sagte ADAC-Sprecherin Melanie Mikulla. Die Hersteller müssten die Elektronik sicherer machen.

Zu den neueren Methoden der Diebe zählt auch das sogenannte Homejacking: Dabei brechen sie ins Haus oder in die Wohnung ein, um dort den Autoschlüssel zu stehlen. Diese Variante kam auf, als Wegfahrsperren in neuere Modelle eingebaut wurden. Da wurde es für Diebe schwieriger, Autos ohne Originalschlüssel zu stehlen.