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Kleinmünzen abschaffen oder nicht?

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Scherfmünze, Prägung Barth 1592, Herzog Bogislaw XIII. Fotos: Dr. Jürgen Hamel

Die Frage „Was wird mit den 1- und 2-Cent-Münzen“ führt immer wieder einmal zu heftigen Diskussionen. Sie füllen unsere Geldbörsen, halten an der Kasse des Supermarkts auf, kosten viel Geld durch Herstellung und lange Transportwege und suggerieren uns einen Preis, der niedriger sein soll als er wirklich ist. Denn „nur“ 9,99 Euro sind keine 10 Euro – oder eigentlich doch? Nach neuesten Vorstellungen sollen diese kleinen Münzen nun tatsächlich verschwinden. Oder doch nicht?Neu ist diese Fragestellung ganz und gar nicht. Schon vor 450 Jahren gab es eine Menge Ärger mit den Kleinmünzen. Seit dem Jahr 1581 tauchten sie im Herzogtum Pommern auf. Es waren Kupfermünzen, kleine Leichtgewichte von wenig mehr als einem Zentimeter Durchmesser und einem Gewicht von etwa einem halben Gramm mit der Wertstellung von etwa einem halben Pfennig.  

Schon vor 450 Jahren Ärger mit dem Kleingeld

Nicht nur in Pommern, in Stettin, Wolgast, Franzburg und anderswo wurden sie massenhaft geprägt, weniger auch in Barth. Der geringe Wert dieser Münzen zeigt sich an manchen Nachlässigkeiten bei der Herstellung. Vielfach finden sich Unsauberkeiten bei Buchstaben und Zahlen oder stark azentrische oder doppelte Münzbilder. Es scheint, dass die Prägestempel während des Herstellungsprozesses oft verrutschten oder mehrfach angesetzt wurden, bevor das Geldstück fertig war. Doch auch in dieser minderwertigen Gestalt kam es in Umlauf.
  

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Scherfmünze, Prägung Stettin 1588, Herzog Johann Friedrich, unsaubere, azentrische Prägung.

Die Zahl der im Umlauf gewesenen Scherf-Prägungen, so heißen diese Kleinmünzen, muss sehr groß gewesen sein, besonders von den Münzstätten in Stettin und Wolgast. Beim Handel und Gewerbe waren sie wegen ihres geringen Metallgehaltes äußerst unbeliebt. Ihr Wert war so gering, dass die Bevölkerung mit ihnen nur wenig anfangen konnte. Bald weigerten sich die Händler sogar, die Scherfe als Zahlungsmittel anzunehmen.

Nur an einer Stelle konnte die Annahme nicht verweigert werden: Die Kleinmünzen sollen sonntags in großen Mengen in den Klingelbeuteln und Opferstöcken der Kirche gelandet sein. Das anschließende Zählen wird den Pastor nicht froh gestimmt haben, denn nun hatte er den Schwarzen Peter. Die an „höherer Stelle“ vorgetragenen Klagen führten schließlich zur Einstellung der Scherf-Prägungen. Die herzogliche Münzstätte Bogislaws XIII. in Barth gab sie nur bis 1595 heraus, bald darauf verschwanden sie ganz. Die Bezeichnung der alten Kleinmünzen als „Scherfe“ führt uns heute noch zu einem bekannten Spruch: „Ein jeder kann sein Scherflein beitragen“. Bedeutet: Jeder kann an etwas Anteil nehmen, jede noch so geringe Spende ist willkommen.

So, wie wir heute nirgendwo eine Ware für 1 oder 2 Cent erwerben können, schien es damals kaum eine Ware für einen Scherf zu geben. Cent und Scherf dürften gemeinsam haben, dass sie praktisch nur als Wechselgeld von Bedeutung sind. Also können wir auf unsere Kleinmünzen verzichten? Ein Gegenargument liegt in dem Spruch: „Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht wert.“ Nur rechnen wir schon länger nicht mehr mit dem Pfennig und noch viel länger nicht mehr mit dem Taler. Und sein Scherflein kann jeder auch ohne 1- oder 2-Cent-Münzen beitragen. Mal sehen, wie die Politiker sich entscheiden werden. Dr. Jürgen Hamel