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Fit & Gesund 2019

Helfen, wenn das Herz aus dem Takt ist

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Prüfen, Rufen, Drücken: So einfach ist es zu helfen. FOTO: BDA

Trotz Herzerkrankung alt werden mit Bewegung

Wismar. Ein plötzlicher Herzstillstand kann jeden treffen. Aber auch jeder kann helfen Es ist ganz einfach .Man muss nur „Prüfen. Rufen. Drücken.“ Das ist die Botschaft der Kampagne „Ein Leben Retten. 100 Pro Reanimation“. Ziel der Initiative des Berufsverbandes Deutscher Anästhesisten e. V. (BDA) und der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e. V. (DGAI) ist es, das Bewusstsein für die lebensrettenden Fähigkeiten jedes Einzelnen zu schärfen und über die lebensentscheidenden Sofortmaßnahmen zu informieren. „Der plötzliche Herztod ist mit schätzungsweise 80 000 bis 100 000 Fällen pro Jahr eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland“, sagt Dr.med. Andreas Meyer, Chefarzt des Sana Hanse- Klinikums in Wismar. „Die Betroffenen sind auf schnelle Hilfe angewiesen. Doch die Bereitschaft von Laien, Wiederbelebungsmaßnahmen nach einem plötzlichen Herzstillstand durchzuführen, ist in Deutschland mit 15 Prozentim internationalen Vergleich alarmierend niedrig.“ Dr. Andreas Meyer kennt die Gründe: „Viele Menschen haben Angst, etwas falsch zu machen und eine unzureichende Ausbildung in Erster Hilfe. Dabei sind die Maßnahmen zur Wiederbelebung eines Menschen einfach. Man kann dabei nichts falsch machen. Der einzige Fehler ist, nichts zu tun.“

Dr. med. Andreas Meyer, Chefarzt des Sana Hanse-KlinikumsWismar, ermutigt zu lebensrettenden Sofortmaßnahmen

Helfen, wenn das Herz aus dem Takt ist-2

"Beim Herzstillstand zählt jede Sekunde: Die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Reanimation sinkt pro Minute um acht bis zehn Prozent"

Dr. med. Andreas Meyer, Chefarzt Sana Hanse-Klinikum Wismar

„Prüfen, Rufen, Drücken“ ist das Motto: Prüfen, ob die bewusstlos zusammengebrochene Person noch reagiert und atmet. Unter der Telefonnummer 112 den Rettungsdienst rufen. Fest, mindestens 100-mal pro Minute in der Mitte des Brustkorbs drücken und nicht aufhören, bis Hilfe eintrifft. Geschulte Ersthelfer sollten zusätzlich die Mund-zu-Mund-Beatmung im Verhältnis von 30 Herzdruckmassagen zu zwei Beatmungen durchführen. Diese Maßnahmen verdoppeln bis verdreifachen die Chance, dass der Betroffene überlebt. „Wer dafür nicht ausgebildet ist, der fängt einfach mit der Herzdruckmassage an. Die ist für den Betroffenen überlebenswichtig. So wird das Blut, in dem sich ja immer noch Sauerstoff befindet, weiter durch den Körper transportiert und die Organe werden versorgt“, sagt Anästhesisten Dr. Andreas Meyer. „Wenn nach einem Herzstillstand nicht innerhalb von fünf Minuten mit der Herzdruckmassage begonnen wird, dann ist das Überleben des Herzstillstands unwahrscheinlich.“ Der Rettungsdienst kann fast nie innerhalb von fünf Minuten nach dem Herzstillstand direkt beim Betroffenen sein. Deshalb zählt eine gut organisierte Rettungskette umso mehr. Die sogenannte Laienreanimation durch nicht professionelle Helfer, stellt dabei das erste Glied dieser Rettungskette dar. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass durch eine optimale Laienreanimation die Überlebensrate bei Reanimationen verdoppelt bis verdreifacht werden kann.

„Die Wahrscheinlichkeit, dass man mindestens einmal im Leben in die Situation kommt, die Überlebenswahrscheinlichkeit bei einem Menschen durch diese einfachen Maßnahmen zu vervielfachen, ist sehr hoch. Die Wahrscheinlichkeit, dass man diesen Menschen gut kennt auch“, sagt Dr. Andreas Meyer. „Es könnten die Eltern, der Lebenspartner, das Kind, ein Freund oder Verwandter sein.“

Übrigens ist der häufigste Grund, warum Hilfe benötigt wird, das Kammerflimmern. Und das ist häufig mit Hilfe eines automatisierten externen Defibrillators, kurz AED, in den Griff zu kriegen. AEDs hängen in vielen öffentlichen Gebäuden wie ein Feuerlöscher an einer Wand. „Die Anwendung ist ganz einfach!“, betont Dr. Andreas Meyer. „Das Gerät hilft bei der Anwendung, indem es sagt, was zu tun ist. Es ermöglicht bei Bedarf die Abgabe eines lebensrettenden Elektroschocks auf das Herz.“ Gut zu wissen: „Man kann dabei wirklich nichts falsch machen!“ cb

Ein Leben retten: So geht es!

1. Prüfen
- Sprechen Sie die Person an: „Hören Sie mich?“
- Schütteln Sie an den Schultern: Keine Reaktion?
- Achten Sie auf die Atmung: Keine Atmung oder keine normale Atmung (Schnappatmung)?

2. Rufen
Rufen Sie 112 an oder veranlassen Sie eine andere Person zum Notruf.

3. Drücken
Beginnen Sie sofort mit der Herzdruckmassage:
- Machen Sie den Brustkorb frei.
- Legen Sie den Ballen Ihrer Hand auf die Mitte der Brust, darauf die andere Hand.
- Verschränken Sie die Finger. Halten Sie die Arme gerade und gehen Sie senkrecht mit den Schultern über den Druckpunkt, so können Sie viel Kraft ausüben.
- Drücken Sie das Brustbein 5 bis 6 cm nach unten.
- Drücken Sie 100 bis 120 mal pro Minute. Hören Sie nicht auf, bis Hilfe eintrifft.
- Geschulte Helfer sollen die Mund-zu-Mund-Beatmungen im Verhältnis von 30 Herzdruckmassagen zu 2 Beatmungen durchführen.

Trotz Herzerkrankung alt werden mit Bewegung

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Dr. med. Henrik Schneider gibt Tipps, wie man trotz Herzerkrankung fit bleibt.

Rund 1,8 Millionen Menschen leiden in Deutschland unter einer Herzschwäche (Herzinsuffizienz). Darunter wird meist die verminderte Pumpfunktion des Herzens verstanden. Es kommt zu einem Rückwärtsstau des Blutes oder zu einer Unterversorgung der Organe mit sauerstoffreichem Blut. Laut dem Herzbericht der deutschen Herzstiftung 2018 ist die Sterblichkeit infolge Herzkrankheiten in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Allerdings gibt es immer noch große regionale Unterschiede. So gehört Mecklenburg- Vorpommern im Bundesdurchschnitt zu den traurigen Spitzenreiter, wenn es um Patienten mit Herzproblemen geht. „Wir haben überproportional mehr Herzkranke als der Durchschnitt“, sagt Dr. Henrik Schneider. Der Facharzt für Innere Medizin / Kardiologie im Sana Hanse-Klinikum Wismar weiß, dass das u. a. am hohen Altersdurchschnitt der Bevölkerung Mecklenburg-Vorpommerns liegt. Und auch und daran, dass man heutzutage mit einer Herzerkrankung auch die Versorgung im Flächenland spiele eine Rolle bei der Anzahl der Erkrankten. „In Ballungsgebieten wie Hamburg, München oder Berlin gibt es weit weniger Erkrankte.“

In Mecklenburg-Vorpommern sterben mit 264 Toten pro 100 000 Einwohnern, deutlich mehr Menschen an einer Herzerkrankung als zum Beispiel in Hamburg (184) oder Berlin (187) . Laut Deutschem Herzregister 2018 belegt MV damit Platz drei der Negativliste hinter Sachsen-Anhalt (295) und Bremen (270). Laut Statistik sterben immer noch mehr Frauen (51,9) als Männer (48,1) infolge einer Herzerkrankung.

Die gute Nachricht: Heute kann man auch mit einer Herzerkrankung alt werden – Wenn man sich an ein paar Spielregeln hält. „Die allgemeine Lebenserwartung hat sich in den letzten 25 Jahren hier im Land um zehn Jahre erhöht“, sagt Dr. Henrik Schneider. Beste Voraussetzungen für ein langen Leben haben alle, die sich fit halten. „Erschreckend ist vor allem die Tatsache, dass heute noch ca. 30 Prozent der Rehabilitations- Patienten mit Herzerkrankungen aktive Raucher sind. Weitere 18 Prozent sind stark übergewichtig, 22 Prozent haben einen Diabetes mellitus“, weiß Dr. Henrik Schneider. Vor allem die Patienten selbst könnten wesentlich zu einem verbesserten Krankheitsverlauf beitragen. Dabei würden neben einer gesunden mediterranen Ernährung insbesondere regelmäßige körperliche Aktivitäten durch Sport eine überragende Rolle spielen, betont der Mediziner.

„Viele Jahre hat die Medizin die Meinung vertreten, dass sich zum Beispiel Patienten Herzinsuffizienz vornehmend körperlich schonen müssen. In den letzten Jahren hat sich dies jedoch komplett gewandelt“, sagt Dr. Henrik Schneider. Heute wisse man aus einer Vielzahl wissenschaftlicher Untersuchungen, das Sport (körperliche Aktivität) sich nicht nur bei Gesunden, sondern insbesondere auch bei herzkranken Patienten positiv auf Krankheitsverlauf, Lebensqualität und Lebenserwartung auswirkt und die Häufigkeit von Krankenhausaufenthalten reduziert werden kann.

Regelmäßige körperliche Aktivität hat viele positive Effekte für den Körper, das Gehirn und für die Seele: Sport stärkt das Immunsystem, hält das Herz-Kreislauf-System fit und kann einer Vielzahl von Krankheiten vorbeugen.

Bei Typ-2-Diabetes mellitus gilt Bewegung als eine der wichtigsten Säulen der Behandlung. Sport setzt schon bei der Vorstufe der Erkrankung an, der sogenannten Insulinresistenz. Beim Sport benötigen unsere Muskeln besonders viel Glukose. Diese erhalten sie aus körpereigenen Reserven und aus dem Blut – in der Folge sinkt der Blutzuckerspiegel. Aktive Muskeln bewirken außerdem, dass Zucker leichter aus dem Blut ins Zellinnere gelangt. Die Zellen reagieren wieder besser auf das Insulin.

Bewegung senkt zudem den Blutdruck: Mit regelmäßiger Bewegung kann der systolische Wert immerhin um 10 bis 15 mmHg, der untere um 5 bis 8 mmHg gesenkt werden. Damit wirkt regelmäßiger Sport schon so wie ein einzelnes Medikament. Schon ein ausgedehnter Spaziergang mit etwa 10000 Schritten täglich kann den Blutdruck deutlich verbessern.

Trainingsempfehlung:

Wichtig und richtig ist, neben dem Willen und Engagement des Patienten, immer eine individuelle Anpassung der Trainingsprogramme an den jeweiligen Patienten. Hierbei spielen insbesondere möglicherweise vorliegende Grunderkrankungen (z.B. Bluthochdruck, Herzinsuffizienz mit reduzierter oder normaler Herzpumpfunktion, Herzinfarkt, Klappenfehler u.ä.) eine Rolle. Die entsprechenden Vorbefunde müssen mit dem betreuenden Hausarzt/Kardiologen besprochen, die initiale Trainingsintensität genauso wie Trainingsart, -dauer und -intensität sowie -ziele abgewogen und individuell festgelegt werden.

Für Gesunde:

• Ziel: 3-5x pro Woche für je 30 bis 60 Minuten Sport treiben
• Ein Moderates Kontinuierliches Training (MCT) mit 50-80% der maximalen Leistung wird empfohlen, ein HIT (Hochintensives Intervalltraining) bringt wohl keine Vorteile
• Gesundheitsprüfung vor Beginn eines Sportprogramms insbesondere für Anfänger und Widereinsteiger über 35 Jahre, Menschen mit Risikoerkrankungen oder Beschwerden (Rauchen, Bluthochdruck, erhöhten Blutfettwerten, Diabetes, Bewegungsmangel, Übergewicht, Luftnot, Brustschmerzen)
• Training langsam beginnen und die Belastung allmählich steigern (Intensität, Häufigkeit und Dauer) • Training möglichst unter Anleitung (Verein, Lauftreff, Fitnessstudio)
• Überbelastung beim Sport vermeiden, nach dem Sport sollte eine „angenehme“ Erschöpfung vorliegen. Besser „länger oder locker“ als „kurz und heftig“
• Nach sportlicher Belastung auf ausreichende Erholung (Regeneration, Schlaf) achten
• Wichtig: Sport soll Spaß machen

Für Herzkranke:

vor Training immer Arzt konsultieren, individuelle Belastbarkeit festlegen
• Belastungstest (Ergometrie/Spiroergometrie)
• ggf. Herzultraschall
• Vorbefunde einbeziehen/beachten
Training unter fachlicher Anleitung zu empfehlen
• Herzsportgruppen, Fitnesszentren mit Coach
• Moderates kontinuierliches Training (MCT: moderate continuous training) bevorzugen
Beginn 40-50% der Leistungsfähigkeit über 5-10 Minuten
• zunächst Trainingsdauer, dann Häufigkeit, letztlich Intensität langsam steigern
Ziel: 3-5 Einheiten pro Woche über 30-45 Minuten mit 50-80 % der Leistungsfähigkeit
Geeignete Sportarten:
Ausdauerbelastungen: z.B. Walken, Laufen, Fahrrad, Schwimmen bis NYHA II, Krafttraining: zusätzlich z.B. bei diastolischer Herzinsuffizienz, Bluthochdruck
Eher ungeeignete Sportarten:
Tauchen ab NYHA Stadium II (Luftnot/Beschwerden bei leichten Belastungen), Schwimmen ab NYHA Stadium III (Luftnot/Beschwerden bei mittleren Belastungen), Sport in großer Höhe: aber unproblematisch bis 1500 m, mit Anpassungszeit bis 2500 m möglich
• Sauna:
Moderat bis 60°C bis zu 15 Minuten mit nachfolgend 30 Minuten Entspannung (wenn ergometrische Leistungsfähigkeit 75 Watt nachgewiesen), moderate Abkühlung (kein Eiswasserbecken oder kalte Schwalldusche)

Trainingsverbot:

• unmittelbar (ca. 2 Tage) nach einem Herzinfarkt (Mobilisation im Krankenhaus unter Überwachung)
• dekompensierte Herzinsuffizienz
• lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen (bradykard und tachykard)
• akute Herzmuskel-/Herzbeutelentzündung (3-6 Monate)
• trainingsabhängige Angina pectoris (Herzschmerzen)
• akute Infektionen / Fieber (1 Woche fieberfrei)
• unkontrollierte Schilddrüsen- oder Lungenerkrankung