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Fit und Gesund

50 Kilo weg – mithilfe einer Magen-OP

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Diese Konfektionsgröße ist Geschichte: Britta Stüwe (48) brachte zeitweise 144 Kilogramm auf die Waage – mit einem Magen-Bypass und viel Disziplin hat sie es jetzt geschafft, auf 90 Kilo runterzukommen.FOTO: KATJA BÜLOW

Britta Stüwe fühlt sich endlich wieder wohl in ihrer Haut. Zehn Kilogramm möchte die Frau aus Güstrow noch abnehmen.

Von Katja Bülow Rostock/Güstrow. Britta Stüwe hat immer wieder vergeblich versucht, Pfunde abzuwerfen. „,Weight Watchers’, Schlank im Schlaf, alles, was es an Pülverchen auf dem Markt gab, habe ich ausprobiert“, erzählt sie. Die 1,65 Meter große Frau brachte zeitweise 144 Kilo auf die Waage. Mit einem Magen-Bypass und viel Disziplin hat sie es jetzt geschafft, auf 90 Kilogramm runterzukommen.

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Artikel veröffentlicht: Mittwoch, 14.03.2018 12:00 Uhr

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„Der Diätenwahn hat vor 27 Jahren angefangen“, erinnert sich die heute 48-jährige Güstrowerin. Nach zwei Geburten war sie so mollig geworden, dass sie mit unterschiedlichsten Methoden gegen den Speck ankämpfte. Ab und an gelang es ihr, etwas abzunehmen, doch kurz darauf hatte sie schnell mehr als das gleiche Gewicht wieder auf den Rippen.

Treppen zu steigen wurde immer mehr zu Schwerstarbeit, beim Schwimmen gab es abfällige Kommentare in der Umkleidekabine. Nachdem auch noch der Blutdruck stieg und die Gelenke schmerzten, schickte die Hausärztin Britta Stüwe zu einer Informationsveranstaltung zum Thema Adipositas, also Fettleibigkeit, in das Klinikum Südstadt Rostock. Das war im Dezember 2015 – ein einschneidender Tag im Leben von Britta Stüwe.

„Ich habe danach gleich mit Wassergymnastik angefangen, bei Ulrike Bräutigam in der Südstadt eine Ernährungsberatung erhalten und bei uns in Güstrow auch noch Sport gemacht“, erzählt sie. Nachdem die Fahrdienstleiterin bei der Deutschen Bahn früher im Schichtdienst gearbeitet hat, ist sie inzwischen ins Büro gewechselt. Dort fällt es ihr deutlich leichter, sich gesund zu ernähren.

Doch trotz aller Anstrengungen waren die Erfolge überschaubar, sodass sie mit dem Adipositas-Team der Klinik einen Antrag auf einen Magen-Bypass stellte. „Alleine kann man vielleicht 20 Kilo abnehmen, aber keine 50“, sagt sie.

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FOTO: D. LILIENTHAL

"Die Gesellschaft muss dringend aufwachen – mehr als jeder Zweite hat Übergewicht!"

Prof. Kaja Ludwig, Chefarzt Klinikum Südstadt

Mit dem Bypass ließ sie ihren Magen verkleinern, damit er nur noch kleinere Mengen Essen aufnehmen kann. Außerdem wurde er über neu geschaffene Kreisläufe so mit Dünndarm und Dickdarm verbunden, dass die Strecke, die der Körper hat, um Nährstoffe aufzunehmen, jetzt kürzer ist.

Dass auch diese Operation ohne eine Änderung des Lebensstils kein Garant für lebenslange Schlankheit ist, lernte die Patientin schon frühzeitig. Außerdem hatte sie ein wenig Angst vor dem Eingriff, aber sie erinnert sich: „Alles andere hat überwogen, vor allem die Aussicht, danach ein neues Leben anfangen zu können.“

Geholfen hat ihr bei all dem in erster Linie ihre Familie. Als sie zwei Wochen vor und drei Wochen nach dem Eingriff nur Suppe zu sich nehmen durfte, bereitete ihr Mann diese liebevoll für sie zu. Und auch die Unterstützung der Eltern sei sehr wichtig gewesen. Nicht zuletzt mache es jetzt auch wieder Spaß, Kleidung zu kaufen.

Kohlenhydratarmes Essen, viel Gemüse, ab und an Fleisch, jede Menge Bewegung, . . . für die Güstrowerin ist das inzwischen ganz normal geworden. Nach wie vor nascht sie ab und an auch ein Stück Schokolade – „ein Stückchen, aber keine ganze Tafel mehr“, wie sie mit einem Lächeln versichert. Ihr langfristiges Ziel: „Zehn Kilo sollen noch runter, dann bin ich zufrieden!“

Die dicksten Deutschen leben in MV

Fast 50 Prozent aller Frauen und 60 Prozent aller erwachsenen Männer in Deutschland sind übergewichtig, wobei Mecklenburg-Vorpommern die traurige Spitzenstellung einnimmt. Hier sind sowohl bei Männern als auch bei Frauen längst mehr als 60 Prozent zu schwer. Und selbst zwölf Prozent der Erstklässler werden hierzulande schon als übergewichtig eingestuft, fünf Prozent sogar als fettleibig.

Prof. Dr. Kaja Ludwig, der als Chefarzt im Klinikum Südstadt Rostock seit mehr als 25 Jahren mit diesem Problem ringt, ist überzeugt: „Das dicke Ende kommt erst noch.“ Er sieht unter anderem erhebliche Kostensteigerungen auf unser Gesundheitssystem zukommen, denn Übergewicht führt fast immer zu schwerwiegenden Folgeerkrankungen. Doch bislang werde das Problem von der Politik noch gar nicht erkannt, die Finanzierung von Gegenmaßnahmen sei „zurückhaltend“. Der Mediziner beklagt: „Die Gesellschaft muss dringend aufwachen – mehr als jeder Zweite hat Übergewicht! Es geht nicht darum, noch ein Parkhaus in die Innenstadt zu bauen, sondern dafür zu sorgen, dass die Leute aufs Rad umsteigen!“

Ernährungsunterricht für Schulkinder, Aufklärungskampagnen, Steuern auf hochkalorische und stark zuckerhaltige Produkte ... jede Einzelmaßnahme für sich genommen sei vermutlich wirkungslos.

Erst wenn aus allen Richtungen gegengesteuert werde, könne die Misere eventuell abgewandt werden. Wobei Prof. Ludwig klar relativiert: „Ich glaube nicht, dass man die Entwicklung noch umkehren kann, aber ich wäre ja schon glücklich, wenn es gelingen könnte, den jetzigen Status einzufrieren.“

BUCHTIPP

Überblick in Sachen Ernährung

Buch von Stiftung Warentest: „Besser essen nebenbei“

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„Besser essen nebenbei“ gibt einen guten Überblick in Fragen Ernährung.

Rostock. Glutenfrei, fettarm, zuckerfrei – darüber, was gesundes Essen ist, gibt es 1001 verschiedene Meinungen. Was die eine Diät verspricht, halten meist auch die fünf nächsten nicht. Dennoch betritt jeder neue Trend die Bühne, als sei nunmehr die allein seligmachende Wahrheit gefunden. Die Stiftung Warentest hat das Buch „Besser essen nebenbei“ mit unterhaltsam dargebotenem Grundwissen zum Thema Ernährung herausgegeben. Es soll helfen,den Überblick zu behalten.

Die Autorin Kathrin Burger nimmt als Ernährungswissenschaftlerin viele der immer wieder lautstark verkündeten Gesundheitstipps unter die Lupe. Sie reduziert manche von ihnen auf ihren belegbaren Kern, tut andere ganz als Unsinn ab und schafft es immer mal wieder zu überraschen.

So erklärt sie beispielsweise, dass frische Tomaten nicht unbedingt gesünder sind als ihre Kollegen in der Dose. Zwar hat die Frucht, wenn sie vom Strauch gepflückt wird, mehr Vitamin C, dafür enthalten gekochte Tomaten etwa doppelt soviel sogenanntes Lykopin. Es handelt sich um ein Karotinoid, das sich positiv auf das Herz-Kreislauf-System auswirkt. Ein interessanter Tipp der Deutschen Gesellschaft für Ernährung lautet: Am gesündesten ist es, von Gemüse und Obst eine Hälfte roh, die andere gegart zu essen.

Auch Erläuterungen zu Einkauf, Vorratshaltung oder Küchenhygiene finden sich in dem 224 Seiten starken Buch. Dazu gute Übersichten zu Ölen, zu Süßwasserfischen, Hülsenfrüchten und Rezepte.

Einziges Manko: Kathrin Burger untermauert ihre Fakten selten mit Quellenangaben, sodass der Leser keine Chance hat, ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Katja Bülow

Buch-Info: „Besser essen nebenbei“ hat 224 Seiten und kostet 16,90 Euro.
ISBN: 978-3-86851-475-9

Operation als letztes Mittel

Wenn Patienten auf herkömmliche Weise nicht genug abnehmen, dann gibt es die Möglichkeit, mit einer Operation nachzuhelfen. Dr. Nicole Strater, eine der Ärztinnen im Adipositas- Team der Südstadtklinik, betont: „Das ist wirklich das letzte Mittel, das wir nicht ergreifen, um irgendwelchen Schönheitsidealen gerecht zu werden, sondern um Folgekrankheiten des Übergewichts zu begegnen, um Bluthochdruck zu senken oder gegen eine Zuckerkrankheit anzugehen, die mit Insulin alleine schon nicht mehr beherrschbar ist.“

Nachdem die Medizin unterschiedlichste Varianten ausprobiert hat, sind heute vor allem zwei Wege gebräuchlich. Zum einen wird ein sogenannter Schlauchmagen gebildet, der dafür sorgt, dass der Patient nur noch kleine Mengen Essen aufnehmen kann. Zum anderen gibt es die Möglichkeit, zusätzlich die Wege zu verkürzen, auf denen Nährstoffe aufgenommen werden können.

Rund 80 solcher Operationen führen die Spezialisten des einzigen zertifizierten Adipositas-Zentrums in MV jährlich durch. Die meisten Patienten kommen danach ihr Leben lang zur Nachsorge ins Südstadt-Klinikum. Manche aber nehmen wieder zu, fallen in alte Muster zurück. Dr. Nicole Strater bedauert: „Gerade wenn Menschen in einer Familie leben, in der Übergewicht gang und gäbe ist, haben sie es oft schwer und brauchen psychologische Begleitung. Im Flächenland MV gibt es die in der Nähe des Wohnortes aber oft nicht.“